Leichte kognitive Beeinträchtigung – Entscheidungshilfen für die altersmedizinische Praxis

2022-12-20
Detail-Ansicht von Ginkgoblättern

Für Menschen mit einer leichten kognitiven Störung (mild cognitive impairment, MCI) sind Früherkennung und Aufklärung zum Risiko für eine Demenzentwicklung von hoher Bedeutung. Die Experten in der Altersmedizin Prof. Lutz Frölich, Prof. Christine von Arnim, Dr. Jens Bohlken, Prof. Johannes Pantel, Prof. Oliver Peters und Prof. Hans Förstl haben praxisrelevante Schritte für Diagnostik, Beratung und Behandlung von MCI-Patienten erarbeitet. Lesen Sie Auszüge aus dem aktuellen Beitrag:

MCI ist nicht immer krankheitswertig, aber es ist wichtig, progrediente Verläufe frühzeitig zu erkennen. Leitmerkmal des MCI ist eine objektive Abnahme der kognitiven Leistungsfähigkeit bei weitgehendem Erhalt der Alltagsfunktionen. Ziele eines individualisierten Therapiekonzeptes sind die Verbesserung kognitiver Beeinträchtigungen, nichtkognitiver, psychischer Begleitsymptome und des damit einhergehenden Stresserlebens.

Die für die Behandlung der Alzheimer-Demenz zugelassenen Acetylcholinesterase-Hemmer sind beim MCI nicht hilfreich. Lediglich in Subgruppenanalysen wurden u. a. für Donepezil positive Effekte beobachtet. Der Ginkgo-Spezialextrakt EGb 761® ist für Alzheimer und vaskuläre Demenz sowie für (altersassoziierte) leichte kognitive Störung zugelassen. Unter den verfügbaren pflanzlichen Antidementiva ist EGb 761® derzeit der einzige Wirkstoff, der in randomisierten Studien bei MCI-Patienten positive Effekte gezeigt hat. Nachgewiesene pharmakologische Wirkungen sind neuroprotektive Eigenschaften, Einfluss auf relevante Neurotransmitter, Schutz vor oxidativem Stress sowie Verbesserung der zerebralen Mikrozirkulation. EGb 761® zeigte bei MCI-Patienten in mindestens vier kontrollierten Studien eine symptomatische Verbesserung in den Bereichen kognitive Leistungsfähigkeit, Gedächtnis, Erinnerungs- und Wiedererkennungsvermögen, Aufmerksamkeit und Konzentration, Ängstlichkeit und neuropsychiatrische Symptome. Darüber hinaus gibt es Hinweise, dass Ginkgo-Präparate die Progression einer MCI zur manifesten Demenz verzögern könnte. Da herkömmliche Cholinesterasehemmer und Glutamat-Antagonisten erst bei klinisch manifester Demenz indiziert sind, schließt das pflanzliche Antidementivum eine wichtige Versorgungslücke.

Recht auf Wissen oder Nicht-Wissen? Im Stadium der leichten kognitiven Störungen wirft eine Biomarker-gestützte Frühdiagnostik einer beginnenden Alzheimer-Krankheit wegen der unsicheren Prognose und begrenzten Therapieoptionen ethische Fragen auf. Als Entscheidungshilfe werden folgende Fragen empfohlen, die vor Beginn einer Frühdiagnostik geklärt sein sollten:

  1. Ist der Patient einer Risikogruppe (Alter, familiäre Häufung, Risikofaktoren, Komorbiditäten) zuzuordnen?
  2. Hätte der Patient einen Nutzen von einer Frühdiagnose (Behandlung von Risikofaktoren und Komorbiditäten, Beratungsbedarf für Vorsorgeplanung, Präventionsmaßnahmen oder psychotherapeutische Interventionen, medikamentöse Optionen)?
  3. Zeigt der Patient Defizite in einem kognitiven Kurztest?
  4. Sind die weiteren diagnostischen Prozeduren dem Patienten zumutbar?
  5. Hat der Patient die Aufklärung bezüglich der Biomarker-gestützten Frühdiagnostik demenzieller Erkrankungen verstanden und wünscht weitergehende Maßnahmen?
  6. Wurde der Patient über Alternativen zur weitergehenden Diagnostik aufgeklärt (Verlaufskontrollen, Wechsel zu aktivem Vorgehen bei Hinweisen auf Verschlechterung)?

Die Prävalenz des MCI steigt mit dem Alter steil an, von 6,7 % (65 bis 69 Jahre) auf 25,5 % (80 bis 84 Jahre), wobei die Literaturangaben abhängig von den jeweiligen Stichproben, Diagnosekriterien und verwendeten Testverfahren stark schwanken. In Deutschland sind etwa 2 bis 4 Millionen Menschen von einem MCI betroffen.

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